Im Vorfeld der Weltmeisterschaft, die vom 21. – 29. Juni 2024 in Visp und Raron stattfinden, haben wir uns mit Tibor Kapànek, Trainer des Schweizer Herren-Nationalteams, über die Entwicklung des Streethockey-Sports in unserem Land und seine Erwartungen von der WM unterhalten.
Wie hat sich das Schweizer Streethockey im internationalen Vergleich in den letzten
Jahren entwickelt?
Da die Schweiz letztmals 2019 an einer Weltmeisterschaft teilgenommen hat, können wir nur auf die Erfahrungen aus den vielen Vorbereitungsspielen gegen die Tschechen und Slowaken zählen. Diese Spiele haben uns gezeigt, dass wir uns in der Schweiz auf dem richtigen Weg befinden und uns der Weltspitze weiter nähern.
Um noch mehr internationale Erfahrungen zu sammeln, wären mehr internationale Kontakte (Spiele, Turniere, World Cup oder Europa Cup) wünschenswert, auch in der Schweiz. Damit könnten Reisen ins Ausland in Grenzen gehalten werden.
Nach der „Sportabstinenz“ in der Corona-Zeit führten verschiedene Faktoren dazu, dass sich unser Sport weiterentwickelt hat:
- Mit der Verpflichtung von mehr ausländischen Spielern durch Schweizer Mannschaften entwickelte sich ein neuer Stil, die Qualität des Spiels konnte dadurch gesteigert werde, ebenso der Konkurrenzkampf.
- Die Infrastrukturen wurden verbessert, so haben Kernenried, Belp und Oberwil- Zug, den Plastikbelag verlegt, der ein schnelleres und technisch anspruchsvolleres Spiel ermöglicht. Erfreulicherweise folgen nächstens andere Vereine diesem Trend.
Welches sind die Stärken deiner Mannschaft?
Wir sind ein TEAM. Eine Mannschaft, die sich aus sehr jungen Spielern, die physisch und läuferisch sehr stark sind, und von „älteren“ Routiniers zusammensetzt. Die Boys sind sehr motiviert und werden an der WM alles geben um ihre beste Leistung abzurufen.
Wie gestaltete sich die WM-Vorbereitung?
Unsere Vorbereitung hat bereits vor 2 Jahren begonnen. Mit einem breiten Kader von 42 Spielern und 5 Goalies haben wir zahlreiche Trainingstage absolviert, im Sommer 2022 zwei Turniere in Tschechien und im Februar 2024 je zwei Mal in Pilsen gegen Tschechien und die Slowakei gespielt.
Im Mai 2024 haben wir nach der Schweizer Meisterschaft das WM-Kader mit 3 Torhütern, 9 Verteidiger und 13 Stürmern gebildet. Es folgten dann jedes Wochenende Trainingseinheiten und am 20. Juni beziehen wir Quartier in Visp, um dann am Freitag, 21. Juni 2024 das Eröffnungsspiel gegen die USA zu bestreiten.
Welches sind die Zielsetzungen an der diesjährigen WM?
Die Durchführung der WM im eigenen Land ist eine einmalige Chance für alle an diesem Sport Interessierten. Deshalb wollen wir mit unserem Spiel die Zuschauer begeistern und beste Werbung für das Streethockey in unserem Land machen.
Das Startspiel gegen die USA bildet eine wichtige Standortbestimmung und kann einen wesentlichen Einfluss auf den weiteren Verlauf des Turniers haben. Wir zählen auf die grosse Unterstützung der Zuschauer, damit wir unsere Minimalziel – den Vierteilfinal – erreichen können. Mit etwas Glück könnte gar noch eine bessere Platzierung erreicht werden.
Wer ist der Favorit an der WM 2024?
Der Favoritenkreis umfasst die Top-Streethockeyteams der Welt, nämlich Kanada, Tschechien, Slowakei und die USA. Gewinnt eine andere Mannschaft den WM-Pokal wäre dies eine sehr grosse Überraschung. Nicht zu unterschätzen sind die Griechen, Finnen, Italiener und hoffentlich auch wir Schweizer, welche um eine Halbfinal-qualifikation kämpfen.
Was bedeutet es, dass die WM 2024 in der Schweiz stattfindet? Bringt sie zusätzlichen Druck auf das Team?
Eine Weltmeisterschaft im eigenen Land weckt immer grosse Erwartungen, von der Mannschaft, vom Publikumsaufmarsch und von der Nachhaltigkeit. Die Beispiele Sierre (2003) und vor allem Zug (2015) lösten eine Euphorie aus, fanden doch viele Jugendliche Zugang zu dieser Sportart – nicht zuletzt auch durch das überzeugende Auftreten der Schweizer Nationalmannschaft. Weshalb sollen Visp und Raron Ausnahmen bilden?
Auch die Erwartungshaltung der Spieler ist gross, weshalb auch ein gewisser Druck auf ihnen lastet. Dies beurteile ich aber als „normal“ und bewältigbar. Das Kader umfasst neben den jungen Spielern auch 4 Spieler, welche bereits an der WM 2015 in Zug gespielt haben. Ihre wertvollen Erfahrungen dienen der ganzen Mannschaft.
Wichtig scheint mir, die anfänglich vorhandene Nervosität möglichst schnell abzustreifen und mit grossem Willen und Kampfkraft in jedes Spiel zu steigen. Jedes Spiel bildet eine neue Chance und diese gilt es zu nutzen.
Ursign und Peter R. Hofmann
Comments